Out of Stock im E-Commerce: Nicht nur ein Umsatzproblem?
Stell dir vor, du bist Gründer eines Online-Shops, hast gerade eine richtig geile Marketing-Kampagne gestartet und plötzlich blinkt es rot: „Out of Stock“. Klar, ausverkaufte Artikel bedeuten Umsatzausfall. Das weiß eigentlich jeder, der mal fünf Minuten in der E-Com-Welt unterwegs war.
Aber warum passiert das immer wieder, obwohl du eigentlich alles im Griff zu haben glaubst? Die wahren Ursachen liegen meistens viel tiefer und damit meine ich nicht globale Lieferkettenstörungen, sondern die alltäglichen Entscheidungen, Gewohnheiten und blinden Flecken von uns Menschen dahinter.
Lass uns das mal aus echt unkonventionellen Perspektiven anschauen, weit weg von den Standard-Floskeln wie „Bestell halt einfach mehr“. Hier kommen die menschlichen Faktoren, die Out-of-Stock-Situationen wirklich auslösen:
Zu wenig Zeit vom Gründer: Die Solopreneur-Falle
Als Gründer jonglierst du mit allem: Marketing, Kundenservice, Buchhaltung. Und der Einkauf? Der rutscht meistens ganz nach unten auf die To-do-Liste. Du denkst dir „Läuft schon“ oder „Haben wir noch Zeit“, bis es knallt. In der Praxis werden Bestandsprognosen einfach ignoriert, weil du keine Stunde frei hast, um mal die Zahlen anzuschauen. Ergebnis: plötzliche Lücken im Lager und hektische Nachbestellungen. Besonders bei bootstrapped Shops ist das Alltag. Der Gründer ist der Flaschenhals und Out of Stock wird zum Symptom von purer Überlastung.
Zu wenig Erfahrung im Einkauf: Der Lernkurven-Effekt
Einkauf ist kein Hobby. Es gibt Leute, die haben sogar die Berufsbezeichnung „Einkäufer“. Das Ding braucht Know-how in Trendvorhersagen, Lieferantenverhandlungen und Risikoabschätzung. Viele Gründer, die aus komplett anderen Branchen kommen, unterschätzen das massiv. Die bestellen nach Bauchgefühl, ohne richtige Tools, und sei es nur eine solide Excel- oder Google-Sheets-Analyse. Beispiel: Ein Fashion-Newbie ignoriert saisonale Schwankungen, unterschätzt die Sommermode-Nachfrage und steht plötzlich ohne Ware da. Die Lösung liegt in Mentoring oder Weiterbildung, nicht einfach in mehr Lagerfläche.
Zu viel Angst vor Risiko: Die konservative Falle
Risikoaversion ist menschlich, niemand will totes Kapital in unverkauften Waren binden. Aber übertriebene Vorsicht führt zu winzigen Bestellmengen, die bei der kleinsten Nachfragespitze zusammenbrechen. Gründer mit knappem Budget kalkulieren oft viel zu eng aus purer Angst vor Verlusten. Ergebnis: Out of Stock wird chronisch, weil immer „auf Nummer sicher“ gespielt wird. Einfach nur sparen macht es aber schlimmer. Vielleicht sollte man stattdessen kreativer bei der Warenfinanzierung werden.
Übermäßiger Fokus auf Wachstum statt Stabilität: Die Growth-Hacking-Mentalität
In der Startup-Welt geht’s nur um schnelles Wachstum: virale Kampagnen, Influencer-Deals, Social-Media-Hype. Aber wer investiert schon in stabile Backend-Prozesse? Niemand. Du pusht die Nachfrage, passt den Bestand nicht an und boom, Out of Stock. Diese „Move fast and break things“-Haltung von Tech-Giganten passt einfach nicht zu jedem E-Commerce-Shop. Am Ende entsteht nur Chaos, weil Akquise wichtiger ist als Nachhaltigkeit.
Interne Kommunikationslücken zwischen Teams: Der Silo-Effekt
Sobald Teams wachsen, entstehen Silos. Marketing startet eine fette Promo, ohne den Einkauf zu fragen. Sales verspricht Lieferzeiten, die das Lager nie halten kann. Gerade in Remote-Teams fehlen die kurzen Flur-Gespräche, die Probleme früh aufdecken würden. Junior-Mitarbeiter trauen sich oft nicht, Alarm zu schlagen. Out of Stock wird dadurch zum Symptom von Hierarchie- und Verständnisproblemen.
Psychologische Bias in der Entscheidungsfindung: Die Gründer-Blindheit
Wir Menschen sind nicht rational. Anchoring-Bias lässt dich an alten Verkaufsdaten kleben („Letztes Jahr hat’s doch auch so funktioniert“), Confirmation Bias sucht nur Bestätigung für die eigenen Annahmen. Dein Lieblings-„Bestseller“ wird emotional überschätzt, neue Trends komplett ignoriert. In kleinen Shops potenziert das das Risiko massiv, weil Entscheidungen subjektiv und nicht datenbasiert getroffen werden. Zu viel altes Zeug, zu wenig neuer Schwung.
Fehlende Diversifikation der Lieferanten: Die Loyalitätsfalle
Aus Bequemlichkeit oder weil „die Beziehung so gut ist“ bleibt man bei einem einzigen Lieferanten hängen. Fällt der aus? Out of Stock. Und weil alles so harmonisch läuft, traut man sich oft nicht mal hart zu verhandeln, das könnte ja Konflikt bedeuten. Totaler Quatsch, denn mit gutem Verhandlungsgeschick und dem richtigen Mindset macht man den Kuchen einfach größer: Du verdienst mehr und dein Lieferant auch.
Überbewertung von Lean-Inventory-Philosophien: Just-in-Time gone wrong
Lean klingt mega sexy: minimaler Lagerbestand, Kapital sparen. Aber ohne echte AI-Tools oder saubere Prognosen klappt das bei kleinen Shops einfach nicht. Saisonale Produkte oder schnelle Trends überfordern das System komplett und Out of Stock ist vorprogrammiert. „Sei doch wie Amazon“, nee, echt nicht!
Persönliche Work-Life-Balance-Probleme: Der Burnout-Effekt
Überarbeitete Teams lassen Routineaufgaben wie Inventar-Checks schleifen. Solopreneure vergessen in der Erschöpfung komplette Nachbestellungen. Out of Stock als Symptom von Mental-Health-Problemen? Auf jeden Fall. In der ewigen Hustle-Kultur total unterschätzt.
Abhängigkeit von Drittanbietern: Das Tech-Abhängigkeitssyndrom
Shopify, Amazon & Co. sind super praktisch, aber Forecasts, Retouren und Leadtimes richtig zu managen ist in diesen Systemen alles andere als trivial. Die meisten Gründer wählen trotzdem Bequemlichkeit statt echter Kontrolle und wundern sich, wenn ein Systemfehler oder falsche Anzeige plötzlich für Out-of-Stock-Chaos sorgt.
Und wie löst man sowas? Easy, man holt sich jemand für Einkauf/Procurement ins Boot.
